Neulich frage mich meine jüngere Schwester "Was machst du eigentlich Beruflich? Ich muss immer den anderen die Antwort geben: Irgendwas mit PC" Mit der Antwort "Fachinformatiker Anwendungsentwickler" konnte sie jedoch nichts anfangen.
Es gibt viele Berufe die kaum Einer kennt, schließlich kommt man nicht oft mit den Berufen in Kontakt. In der IT sieht es aber ganz anders aus. Überall gibt es software, sei es der Toaster mit einem Display oder das eigene Auto und dennoch ist die IT für viele "Neuland". Da stellt man sich doch die Frage, wieso eigentlich?
In der 9en Klasse sollte ich auf das Berufsleben vorbereitet werden, damals war mir klar, beruflich will ich "irgendwas am PC" machen. Um mich zu erkundigen hatte ich ein Termin bei einem Berufsberater in der lokalen Arbeitsagentur, nach einem längeren Gespräch empfiehlte er mir ein Praktikum als "Elektroinstallateur" zu absolvieren. Eine Woche lang musste ich Kabel verlegen in einer Kläranlage, ein PC habe ich nur im Büro vom weitem gesehen. Heute frage ich mich immernoch, war die äußerung "irgendwas am PC" nicht klar? Hätte ich mich vorher informieren müssen welche Berufe auf "irgendwas am PC" zutreffen?
Schlussendlich fing ich eine schulische Ausbildung an, dort lernte ich am Anfang grundlegende Logiken in Excel(WENN,DANN,SVERWEIS etc.) anschlißend kam Basic mit Variablen und Funktionen, danach kam Visual Basic for Applications(das VB aus dem Excel nicht das richtige VB) anschließend C++, man hatte echt das Gefühl, dass es entweder keinen "roten Faden" gibt oder die Lehrkräfte versuchten alles in einen in 3 Jahren reinzupressen weil diese genau wussten was einem in dem Beruf erwartet. Es stellte sich sogar heraus, dass die meisten Lehrer nur ein paar Wochen Informatik Kurs belegt haben aber eigentlich eher Mathematik Lehrer waren/sind. Schließlich hängt ja Mathematik und Informatik eng an einander.
Nach der Ausbildung lernte ich sehr viel im Internet und nicht von richtigen Lehrern sondern von Programmierer. Ich bin der Meinung dass eine Person, die sich in dem Beruf auskennt, besser Lehren kann. Im Vergleich sehe ich andere Berufe, ein Elektriker wird von einem Meister ausgebildet, sowohl in der Schule als auch in dem Betrieb.
Bei der beruflichen Ausbildung hat man es noch genauer gesehen, die jenigen, die Richtig im Betrieb ausgebildet wurden, waren im Unterricht gelangweilt, die jenigen, die nur Kaffee gekocht haben oder mal die Druckerpatrone ausgetaucht haben, kamen nur schleppend vorran. Dann der Mix aus Anwendungsentwickler, Systemadministratoren und Informatikkaufleuten hat den gesamten Unterricht noch schwieriger gemacht. Man hat versucht aus drei komplett unterschiedlichen Berufszweigen einen gemeinsamen Nenner zu finden, natürlich konnten Systemadministratoren nicht viel mit Objekten anfangen, sowie Informatikkaufleute mit Subnetting und Anwendungsentwickler mit Break even point.
Viele Betriebe die Ausbilden können sich auf die "Fachkräfte" nicht verlassen, denn diese lernen gerade Mal die Grundlagen in der Schule während der Ausbildung. Aus diesem Grund gibt man den Azubis eben Aufgaben die entweder nichts mit dem Beruf zu tun haben oder Aufgaben bei denen man nichts lernt.
Man kann es auch mit anderen Berufen vergleichen, stellt euch mal ein Friseur würde erst in der Ausbildung lernen wie eine Schere aussieht. Oder eine Bürokauffrau würde erst in der Ausbildung lesen und schreiben lernen.
Aus dem Internet habe ich vieles gelernt und habe festgestellt dass es sehr viele ITler gibt, die gerne ihr Fachwissen weiter vermitteln möchten, da stellt man sich die Frage, wieso es eigentlich keine Lehrer gibt die sich detailiert mit dem Thema auskennen? Schaut man sich die Anforderungen für das Lehramt an, stellt man fest, dass man sich mit allem möglichen auskennen muss nur nicht mit dem Fach.
Das Thema beschäftigte mich an dem Tag, als mein Script durch eine SQL Injection gehackt wurde. Nach drei Jahren Schulischer Ausbildung, einem Jahr Fachabitur Informatik und drei weiteren Jahren Ausbildung als Fachinformatiker wurde mein Script gehackt weil ich nicht wusste wo die Sicherheitsrisiken sind.
Sieben Jahre Informatik gelernt und wusste am Ende doch nichts. Da denkt man sich, zum Glück kann man in Deutschland kein Beruf ohne Ausbildung ausüben, zumindestens nicht in der IT.
In anderen Ländern dagegen hat man keine Ausbildung und unsere Industrie importiert Waren aus dem Ausland.
Das Problem ist, dass die IT Berufe keinen "Gutachter" haben, wenn ich ein Haus bauen lasse, kann ich von einem externen Gutachter die Arbeiten anschauen und er kann mir sagen ob jemand Gepfuscht hat oder nicht, es gibt für alles Kontrollen, doch die ITler würden sich sicherlich nicht kontrollieren lassen und kein "Coder", "Scripter" oder "Progger" würde eingestehen dass er gepfuscht hat.
Wieso denn auch? Wir lernen nicht was richtig oder falsch ist, das was richtig ist, messen wir an den Erfolgen. Es heißt "Es gibt kein richtig oder falsch", falsch ist, wenn wir nicht rechtzeitig das Feature geliefert haben, richtig ist wenn der Kunde zufrieden ist. Richtig oder Falsch bezieht sich nicht auf unsere Arbeit sondern auf das nach außen sichtbare Ergebnis.
Stellt euch vor ein Chirurg würde seine Skalpelle nicht desinfizieren oder die Hände nicht waschen. Hauptsache die Operation verlief schnell und das Problem wurde entfernt. Ob es später zu irgendwelchen Komplikationen führen kann, spielt es keine Rolle.
Ich sehe dass viele Entwickler, verantwortungslos handeln, ich bin auch keine Außnahme, doch die Ursachen dafür befinden sich an anderen Stellen.
Der aktuelle Status ist, wir sind von Sofware umgeben, kaum einer weis wie Software entsteht, es gibt keine Richtlinien für die Entwicklung, es gibt keine Vermittler der Richtilinien, es gibt keine Kontrolleure der Richtlinien. Viele wollen sich auch garnicht mit der IT auseinander setzen man sieht es schön an den aktuellen Beispielen in den Medien(Bundestag gehackt, Loki Virus etc), die Entwickler arbeiten für Deadlines, hauptsache Rechtzeig und hoffentlich ist Kunde zufrieden, der sich übrigens nicht auskennt und sich auf sein Bauchgefühl verlässt.
Man kann die IT wohl mit der Midizin in den Anfängen vergleichen. Wenn ihr geheilt werden wollt, glaubt an Gott alternativ gibt es den Aderlass, glaubt was wir sagen, wir sind schließlich die Experten.
Ich glaube, in einer perfekten Welt müsste der informatik Unterricht bereits ab der vierten Klasse anfangen, in der Berufschule oder in der Uni müssten Fachpersonen lehren und nicht Pädagogen, weil das Grundwissen schon in den Unterstufen vermittelt wird, kann man besser in höheren Stufen die Richtilinien vermitteln, außerdem durch die Grundlagen können Konsumenten die Qualität des gekauften Produkts berurteilen und somit würden sich die Ansprüche anheben.
In einer Realen Welt wird es wohl eher darauf hinauslaufen, dass durch die Zunahme der Software in unserem Leben irgendwas passiert und sich die Regierung/Politik einmischt und Richtlinien als Konsequenz aufstellt die nicht mit der Realität vereinbar sind. Stellt euch mal vor, die Selbstfahrenden Autos würden Fehler haben, Ampelschaltungen würden falsch funktionieren, Smart Home wird plötzlich zu Tag der Offnen türen. Als Entwickler weis ich, dass das keine aus der Luft gegriffenen Szenarien sind, in jedem Stück Stoftware schlummert irgendwo ein Bug.